INTERVIEW
Patrick Knodel: Über Werte, Stiftung und Unternehmensnachfolge
Patrick Knodel, Vorstand der Chancemaker Foundation, spricht im Interview über seine Entscheidung, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen, und die Herausforderungen der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen.
Nach einer klassischen Laufbahn mit Abschlüssen in wirtschaftlichen Studiengängen hat Patrick Knodel zunächst in verschiedenen Branchen, von Sport über Gastronomie bis zu Immobilien und Events gearbeitet. Seine Reisen mit dem Rucksack durch die Welt stellten das etablierte Weltbild des Sohnes eines Unternehmers zunehmend infrage. Neben Konsequenzen im persönlichen Bereich als Konsument traf Patrick Knodel die Entscheidung, sich auch beruflich für eine bessere Welt zu engagieren. Die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung war somit ein logischer Schritt, gefolgt vom Aufbau einer Impact-Investment-Firma. Deka Private und Wealth sprach mit Patrick Knodel über Werte und Überzeugungen im Stiftungsmanagement, das Problem der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen sowie wirkungsorientierte Beteiligungen.
Herr Knodel, anders als manch andere NextGens sind Sie nicht in der Führung des familiären Unternehmens nachgerückt, sondern haben als Vorstand der Chancemaker Foundation einen anderen Weg eingeschlagen. Ihre Stiftung unterstützt Organisationen in ärmeren Ländern, um Menschen mit Blick auf ökologische Rahmenbedingungen eine unabhängige und lebenswerte Existenz zu ermöglichen. Bitte schildern Sie kurz Ihre Beweggründe für die Stiftungsgründung.
Bereits in jüngeren Jahren ist mir während meiner zahlreichen Aufenthalte in ärmeren Teilen der Welt bewusst geworden, was ich mit einer Stiftung nicht tun möchte: im Rahmen eigener Projekte und mit unserem Geld aus Deutschland heraus darüber entscheiden, was Menschen in anderen Teilen der Welt richtig oder falsch machen. Ich möchte Menschen fördern, die aus einem lokalen Kontext kommen und die die Probleme vor Ort selbst jeden Tag erleben und am besten selbst wissen und darüber entscheiden können, was die zielführendsten Lösungen für sie sind. Die Philanthropie und die sogenannte „Entwicklungshilfe“ der letzten 50 Jahre hat leider viele Fehler der Kolonialzeit neu verpackt wiederholt.
Insofern war schnell klar, dass Sie eine fördernde Stiftung anstreben und keine operativ tätige Stiftung?
Richtig. Dementsprechend ist die Chancemaker Foundation in ihrem Kernansatz relativ breit und systemisch aufgestellt. Mit unserer Arbeit treiben wir eine gerechte und lebenswerte Zukunft voran, in der alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben innerhalb der planetaren Grenzen führen können. Wir fördern mit den uns zufließenden Spenden in verschiedenen Regionen, mit einem Schwerpunkt auf Afrika und Südasien. Verantwortungsvoll und ganzheitlich zu denken und zu handeln bedeutet aber auch, hierzulande unseren Beitrag zu einer gerechteren Welt zu leisten. Grundsätzlich zeichnet uns aus, dass wir mit allen Partnern langfristig in Form mehrjähriger Fördervereinbarungen zusammenarbeiten. Darüber hinaus ist die Vergabe von Förderungen an Organisationen im Gegensatz zur verbreiteten Förderung von Einzelprojekten ein essenzielles Mittel, um maximale Wirkung zu erzielen. Gerade kleine und lokale Organisationen haben dadurch die Möglichkeit, Veränderung aktiv zu gestalten und ihre Programme und Aktivitäten auf weitere Bevölkerungsgruppen auszudehnen. Wir heißen Innovation willkommen und verbinden unternehmerisches Denken und Handeln mit der Schaffung nachhaltiger Lebensgrundlagen für die Menschen vor Ort.
Ihr Vater ist erfolgreicher Unternehmer. Sie selbst haben ein BWL-Studium absolviert und Praxiserfahrungen in einigen Wirtschaftsbetrieben gesammelt. Daher wäre es wahrscheinlich naheliegend gewesen, ins elterliche Unternehmen einzusteigen und eine Nachfolge anzuvisieren. Warum haben Sie sich dennoch anders entschieden?
Sicherlich ist die Unternehmensnachfolge bei uns immer mal wieder seit späten Teenager-Tagen ein Thema gewesen, aber eher unterschwellig. Auf beiden Seiten lag häufig ein unausgesprochenes „Ja/Nein/Vielleicht“ in der Luft. Wenn dann ohnehin gemeinsame Vorstellungen von dem, wie sich die Welt über die nächsten Jahrzehnte entwickeln wird weit auseinanderliegen, wird es nicht einfacher, sich auf eine mögliche Nachfolge zu verständigen. Ich habe diese Problematik irgendwann ganz offen angesprochen und deutlich gemacht, was diese Zukunft für meine Vorstellung von Unternehmertum bedeuten würde. Mein Vater und ich haben uns schließlich in ganz offenen und guten Gesprächen darauf verständigt, dass ich die Chancemaker Foundation aufbaue und zudem eine Beteiligungsgesellschaft für Impact Investments und so jeder seinen Bereich hat, wobei er mit seiner Firma beides unterstützt.
Insgesamt gelingen in Deutschland nur etwa 4 % der Unternehmensübergaben innerhalb der Familie. Wo sehen Sie, da sie persönliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben, die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung?
Aus meinem Austausch mit Organisationen wie der Stiftung Verantwortungseigentum sowie vor allem von meinen Kontakten innerhalb der NextGen-Community höre ich regelmäßig ähnliche Geschichten. Die größten Meinungsverschiedenheiten resultieren immer wieder daraus, dass die nachfolgende Generation die alten Glaubenssätze und das alte Wirtschaftssystem, mit dem Ziel ständiger Wachstumssteigerungen als nicht mehr zeitgemäß ansieht, weil es uns als Menschheit über die Klippe unserer Existenz springen lassen wird – Stichwort planetare Grenzen. Die Erkenntnis, dass das, was wir hier machen, irgendwo anders auf der Welt massive Auswirkungen hat und jetzt Kern unseres unternehmerischen Handelns werden muss, widerspricht den alten Narrativen der Wirtschaftswissenschaft, die nur eine KPI kennt: Return on Investment. Es scheint der aktuellen Inhabergeneration extrem schwer zu fallen loszulassen und zu akzeptieren, dass das, was bislang gemacht wurde, damals nicht falsch war - aber dass heute nun mal etwas Anderes richtig und notwendig ist. An diesem Konflikt und einer extrem verbreiteten „Bewahrung des Besitzstands“ -Mentalität scheitern viele Familien genauso wie an fehlender Bereitschaft, bisherige bzw. aktuelle Machtstrukturen aufzubrechen.
Aus dem in Bezug auf das Nachfolgethema innerfamiliären Findungsprozess heraus haben Sie zusammen mit Ihrem Vater eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Hätten Sie hinsichtlich Ihrer spezifischen Nachfolgeproblematik eine begleitende externe Beratungs- oder Moderationsleistung als hilfreich angesehen? Möglicherweise auch von Seiten einer Bank oder Sparkasse?
Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang kann für NextGens durchaus die kommunikative Ebene sein. Im Zentrum steht dann die Fragestellung: „Wie führe ich überhaupt ein Gespräch mit meinen Eltern und was sind möglicherweise die kritischen Punkte, die man im ersten Austausch, bei dem es um die Nachfolge geht, nicht gleich anspricht?“. Eine Moderatorenrolle, egal aus welcher Richtung sie kommt, sei es von der Bank oder Sparkasse, einem Anwalt oder Berater, kann sicherlich sehr wertvoll sein. Unterstützung zu haben mit Blick auf die zwischenmenschliche Kommunikation hätte mir sicherlich geholfen, anders in die Gespräche zu gehen. Das hätte ganz sicher einen Mehrwert in den Nachfolgediskussionen in unserer Familie gehabt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Konfrontation nichts erreicht und es schwieriger macht, zu einer für alle Seiten annehmbaren Lösung zu kommen. Ein besserer Ansatz ist es, erst einmal Gemeinsamkeiten zu definieren und sich erst danach zu überlegen, in welchen Punkten man auseinanderliegt. Weiterhin sollte man gut reflektieren und artikulieren, welche Erwartungshaltungen bestehen. Wenn z.B. die Übernahme der Firma durch die nächste Generation eine klare Erwartungshaltung der einen Seite wäre, deren nicht-Eintreten bereits als Scheitern empfunden würde, wäre es schwierig Lösungen wie in meinem Fall zu finden, die für unsere Familie am Ende sicherlich richtig waren.
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